Text: Claudia Ludwig
Zwischen Rennschlitten und Tierheim
Sie sind faszinierend, denn allein durch ihr Äußeres vermitteln die Nordischen oder auch Arktischen Hunderassen den Eindruck von Wildheit und Urwüchsigkeit. Ganze Kerle sind sie, bei deren Anblick man sich besonders gut vorstellen kann, dass unsere Haushunde Nachfahren des Wolfes sind.
Umso erstaunlicher mag es manchem erscheinen, dass gerade die Nordischen Hunde besonders menschenfreundlich und anhänglich sind. (Ausnahmen gibt es natürlich immer.) Daher eignen sie sich bspw. auch überhaupt nicht als Wach- oder Schutzhunde. Schon eher als Wärmflasche. So soll es unter den Eskimos üblich gewesen sein, nachts einen oder mehrere Hunde mit ins Iglo zu nehmen, um deren Körperwärme zu nutzen. Je nach Kältegrad richtete sich die Anzahl der privilegierten Hunde, die nicht draußen schlafen mußten. Der Namen eine bekannten Rockband zeugt von diesem Brauch: „Three Dogs Night“ heißt sie, und das bedeutet, dass es sich schon um eine ziemlich kalte Nacht handeln muss...
Es gibt ungefähr dreißig Hunderassen, die zu den Nordischen Hunden zusammengefasst werden, Rassen aus Russland einschließlich Sibirien (Laika), Alaska, Kanada, Japan (Akita Inu) und v.a. natürlich aus Skandinavien einschließlich Grönland (Finnenspitz, Norwegischer Elchhund, Islandhund, Jämthund, Schwedischer Lapphund). Die klassischen Schlittenhunde sind nur ein kleiner Teil der weit gestreuten Nordischen Rassen. Dennoch sollen sie uns hier am meisten interessieren, denn sie sind es, die bei uns am populärsten sind und deswegen leider auch in entsprechender Zahl unsere Tierheime bevölkern.
Viele Tierschützer sprechen übrigens lieber von „Nordischen Hunden“ oder „Polarhunden“ als von „Schlittenhunden“, weil sie nicht noch die allgemein übliche Auffassung unterstützen wollen, nach der diese Hunde nur einigermaßen artgerecht gehalten werden können, wenn sie vor einem Schlitten herlaufen. Das ist ein weitverbreitetes Vorteil, so meinen die Tierschutzvereine und sehen das ganz anders: Hunde sind kein Sportgerät, und auch Husky & Co. werden schließlich nicht mit Schlitten geboren .... Doch dazu später mehr.
Die einzelnen Rassen
Eigentlich nur vier Rassen bilden die kleine Gruppe der klassischen Schlittenhunde, wie sie auch bei uns bekannt und verbreitet sind:
1. Grönland(s)hund
Der grönländische Eskimohund gilt als besonders urwüchsig, also seinen wölfischen Ahnen noch ein wenig näher als andere Schlittenhunderassen. Allerdings finden sich besonders unter den seit mehreren Generationen in Europa gezüchteten Grönländern durchaus viele sehr freundliche und friedliche Vertreter.
Noch 2009 konnten Touristen und Hundefreunde auf dem Jungfraujoch im Berner Oberland gleich ein ganzes fröhliches Rudel dieser nordischen Hunde erleben. Denn bis vor acht Jahren leistet sich die Jungfraubahn aus alter Tradition den Luxus, am Eigergletscher eine Schlittenhundestation zu betreiben, in der Grönländer und Huskies in getrennten Rudeln lebten und oben auf dem Joch in 3454 Metern Höhe ein paar Runden mit Touristen auf dem Schlitten drehten. Keine Sorge, den Hunden ging es ausgesprochen gut, und sie wurden keinesfalls durch diesen „Job“ überfordert. Die Hunde erinnerten an ihre Vorfahren, die während des Baus der Bahn wertvolle Hilfe leisteten und mit ihren Schlitten die Arbeiter mit Post, Lebensmitteln und Materialien versorgten. Ursprünglich hatten es die Schweizer übrigens erste einmal mit Samojeden aus einer schottischen Zucht versucht. Doch die stellten sich als nicht kräftig genug heraus, so dass sich die Jungfraubahngesellschaft nach belastbareren Hunden umschauen musste: Man fand sie in den Grönländern. Und als 1912 die Jungfraubahn schließlich fertiggestellt war, blieben die Hunde als Touristenattraktion mit einem extra für sie angestellten Wärter für fast hundert Jahre.
Erst dann fielen sie dem Rotstift zum Opfer, brachten sie doch keinen Gewinn mehr.
2. Sibirian Husky
Er ist der kleinste und schnellste Schlittenhund und führt in Deutschland ganz klar die Hitliste der beliebtesten Nordischen Hunde an. Leider, dies sei gleich vorweggenommen, sind sie auch mit Abstand die häufigsten Polarhunde in unseren Tierheimen. Kein Zweifel, der schöne Husky ist zum Modehund geworden. Und so stehen gut hundert (reinrassige) Sibirische Huskys ständig auf der Vermittlungsliste der auf Nordische Hunde spezialisierten Tierschutzorganisationen (Kontaktadressen am Ende dieses Textes).
Flink, leichtfüßig, elegant und scheinbar mühelos läuft und rennt der Husky. Neben der Geschwindigkeit steht er aber auch für Ausdauer und Kraft. Der Husky hat entweder stahlblaue oder braune Augen – oder beides, nämlich häufig zwei verschiedenfarbige Augen (particoloured). Die zweifarbigen Augen tauchen übrigens auch noch sehr oft bei den Husky-Mischlingen auf.
3. Alaskan Malamute
Der Malamute sieht aus wie ein großer und kräftiger Husky. Er gilt als „Lokomotive“ unter den Schlittenhunden, als „Schwerarbeiter unter den Polarhunden“, stark, ausdauernd und schwer wie er ist. Sein Name stammt von „Mahlemiuts“, einem Eskimo- bzw. Yupikstamm, der vor ca. 2000 Jahren von Sibirien nach Alaska ausgewandert ist. Die weißen Missionare haben später äußerst beeindruckt und völlig begeistern von diesen größten aller Schlittenhunden berichtet.
Der berühmteste Schlittenhund aller Zeiten, der vierbeinige Held Balto, war ein Malamute und nicht etwa ein Husky, wie es so oft heißt. Dass Balto immer wieder fälschlicherweise als Husky bezeichnet wird, ist schlichtweg ein Übersetzungsfehler. Denn die Amerikaner unterscheiden kaum zwischen den verschiedenen Schlittenhunderassen und sprechen generell von „Huskies“, worunter in ihrer Sprache einfach alle Schlittenhunde subsumiert werden, so eben auch ein gestandener Alaskan Malamute wie der historische Balto.
Doch egal, ob man ihn als Husky oder Malamute bezeichnet, Balto war vor allem eines: ein Leithund. Er war der Leithund des letzten Hundegespannes eines aufsehenerregenden Staffellaufes, der in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts dringend benötigten Impfstoff quer durch Alaska ins Goldgräbernest Nome an der Bering Straße brachte. Durch die unglaubliche Leistung verschiedener Schlittenhundegespanne und ihrer Musher konnten die Einwohner - v.a. die besonders gefährdeten Kinder - von Nome gegen Diphterie geimpft und damit gerettet werden.
Wie kein anderer der Hundehelden wurde Balto zur umjubelten Symbolfigur dieses Happy Ends, ganz einfach, weil er derjenige war, der als erster Hund des letzten Gespannes am Morgen des 2. Februar 1925 um 5 Uhr 30 in die Front Street der Stadt einlief, gemeinsam mit seinem Musher, dem Norweger Gunnar Kaasen, sozusagen als Anführer einer erfolgreichen Rettungsaktion. Das hat Balto so berühmt gemacht, dass später für ihn sogar ein Denkmal im New Yorker Central Park aufgestellt wurde.
Manch einer fand diese immense Ehrung jedoch extrem ungerecht, ungerecht einem anderen Hund gegenüber, war es doch der damals bereits 12jährige Leithund Togo, der mit seinem Musher Leonhard Seppala den gefährlichsten, schwierigsten und mit Abstand längsten Abschnitt der Strecke bewältigte. Eineinhalb Jahre später gab es aber auch für Togo eine große Anerkennung: Der berühmte Polarforscher Roald Amundsen überreichte ihm eine Goldmedaille.
4. Samojede
Platz Zwei auf der deutschen Beliebtheitsskala der Nordischen Hunde teilen sich Malamute und Samojede. Und das ist kein Wunder: Der schneeweiße Samojede sieht aus wie ein kleiner Eisbär und wird als „der lächelnde Hund“ bezeichnet. Er gilt als der freundlichste und liebenswerteste aller Schlittenhunde und erfreut sich aufgrund seines anschmiegsamen Verhaltens entsprechend steigender Beliebtheit. Ursprünglich stammt der Samojede aus Nordrußland. Der berühmte britische Polarforscher Robert Scott brachte ihn schließlich Ende des 19. Jahrhunderts mit in seine Heimat, so dass England zum Stammland seiner Zucht wurde. Benannt wurde der Samojede nach einem Nomadenvolk, das am Rande des Uralgebirges lebte.
Fazit: Alle Schlittenhunderassen haben einige Gemeinsamkeiten: Neben ihrem ursprünglichen Einsatz als Zugtiere und einzig mögliches Verkehrsmittel in den Polarregionen verfügen sie über einen ausgeprägten Jagdtrieb. Naturgemäß sind sie sehr bewegungsfreudig und suchen sportliche engagierte Menschen, die genügend Zeit mit ihnen verbringen können – und wollen! (Natürlich kann es hier – wie immer und überall - Ausnahmen geben.)
Problem Schlittenhunde-Sport
Die Folgen des Schlittenhunde-Sports für die Tiere und den Tierschutz sind vielfältig:
1. Rennen und Strapazen
Zum einen sind die Rennen ganz konkret umstritten. Laufen die Hundeführer (= Musher) mit ihrem Rudel just for fun und nehmen das ganze nicht so wichtig, d.h. kein Hund wird gegen seinen Willen gezwungen mitzulaufen und jedes Tier bei evtl. Ermüdung oder Schwäche sofort ausgetauscht oder ersatzlos aus dem Rennen genommen, dann haben die Tierschützer daran nichts auszusetzen, vorausgesetzt die Hunde werden außerdem gut gehalten und versorgt, haben Familienanschluß, Zugang zum Haus und auch noch anderweitig Bewegung und Beschäftigung als einzig und allein durch Renn-Termine.
Ganz anders verhält es sich bei kommerziellen Rennen, bei denen es um viel Geld geht. Je höher das Preisgeld für den Sieger, so fürchten die Tierschützer, desto höher die Bereitschaft der Musher, ihre Hunde zu überanstrengen oder gar zu schinden. Auch Rennen über große Strecken, oder Strecken, die mit besonderen Gefahren oder Mühen verbunden sind, lehnen Tierschützer ab. Dies gilt vor allem für Veranstaltungen in Nordamerika.
In die Kritik geriet auch das berühmte Iditarot („I did a rout“ – „Ich erledigte die Strecke“), das längste Hunderennen der Welt, das alljährlich am ersten Märzwochenende über zwei verschiedene Strecken von Anchorage nach Nome fführt und an die bereits erwähnte Heldentat von Balto und seinen Gefährten und Artgenossen erinnert. Allerdings gibt es zwischen dem historischen und dem heutigen Rennen zwei ganz entscheidende Unterschiede: Erstens, damals ging es um Leben und Tod, und weil das lebensrettende Serum so schnell wie möglich von der alaskischen Hauptstadt nach Nome gebracht werden musste, lösten sich mehrere Gespanne, nämlich 20 Musher mit über hundert Hunden, auf der Strecke ab. Es war also eine Art Staffellauf. Zweitens wurde der Impfstoff von Anchorage bis Nenana über 680 km mit der Eisenbahn transportiert, also „nur“ die Strecke Nenana – Nome (um die 1085 km) musste mit Hundeschlitten zurückgelegt werden.
Doch das war den Veranstaltern nicht genug. Sie wollten das härteste Schlittenhunderennen der Welt ins Leben rufen und entschieden sich für die gesamte Strecke Anchorage – Nome, knapp 2000 Kilometer lang quer durch das eisige Alaska. Im März 1973 fand dies zum erstenmal statt. Seitdem ist das Ididarot der Traum aller Musher - für viele ihrer Hunde jedoch sicher ein Alptraum. Befriedigung menschlichen Ehrgeizes und Eitelkeit auf Kosten der Hunde.
Auch bei uns wächst das Interesse an größeren Hunderennen. Sie finden u.a. im Schwarzwald, im Harz und in Thüringen statt.
2. Modehund
Gleichfalls aus dem steigenden Interesse an Schlittenhunderennen entwickelte sich der Modehund Husky & Co. Er macht ja auch etwas her, sieht imposant aus und gerät nicht nur bei Eis und Schnee jedem Spaziergänger zur Zierde. – Es gibt die unterschiedlichsten – und absurdesten – Beweggründe, sich einen Husky snzuschaffen. „Mein Mann wollte eigentlich keinen Hund. Aber wenn schon, dann einen Husky“, erzählte mir eine Frau, die ich mit einem temperamentvollen Rüden im Wald traf, „denn Huskies sind schön und bellen niemals!“ Interessantes Kriterium. Es dauerte nicht lange, und die junge Frau, die mit drei kleinen Kindern vollauf beschäftigt und überhaupt nicht in der Lage war, einen Husky ausreichend Zeit und Auslauf zu gewähren, fragte mich nach der Adresse der Polarhunde-Nothilfe. Schon nach wenigen Wochen wollte sie ihren Hund wieder abgeben. Also natürlich nicht nur durch die Musher, auch durch die vielen einzelnen unüberlegten Anschaffungen ist die Husky-Flut bei unseren Tierschutzorganisationen zu erklären.
3. Kreation Rennhund
Natürlich blieben auch die Hunde selbst nicht vom menschlichen Ehrgeiz verschont. Noch windschnittiger, noch schneller, noch sprintfreudiger sollten die Polarhunde werden, damit das Siegertreppchen erklommen und ein schicker Pokal sowie mehr oder weniger hohes Preisgeld ergattert werden können. So begann man Jagd- und Windhunde in den Sibirischen Husky einzukreuzen. Es entstand der Alaskan Husky, der allerdings nicht als Rasse anerkannt ist.
Die Alaskan Huskies sehen recht unterschiedlich aus, erinnern rein optisch an besonders grazile Mischlinge. Kynologen, Tierschützer, ja sogar viele begeisterte Schlittenhundeführer sehen in Kreation und Einsatz der Alaskan Huskies eine große Gefahr: Sie sind u.U. tatsächlich noch schneller als die Sibirian Huskies. Sie verfügen jedoch nicht über deren Instinkte und Wesenszüge, die jahrhundertelang an die Arbeit mit dem Schlitten sowie ein Leben in Schnee und Eis angepasst worden sind.
Ein Husky „vom alten Schlage“ ist ausdauernder als der Alaskan Husky und weiß, wann er genug hat und nicht mehr kann. Hunden, bei denen Wind- und Jagdhund überwiegen, fehlt diese Klugheit mitunter, was schlimme Folgen haben kann.
Innerhalb der verschiedenen Schlittenhundedachverbände wird darum heftigst gestritten: Die einen wollen nur reinrassige Schlittenhunde zu den Rennen zulassen (AGSD = Dachverband für Schlittenhundesport mit Hunden, die nachweisbar einer der vier anerkannten <s.o.> Schlittenhunderassen angehören) , die anderen sehen das nicht so eng (DSSV = Dachverband für Schlittenhundesport mit Hunden, die in der Lage sind, einen Schlitten zu ziehen, wobei die Zugehörigkeit zu einer bestimmen Rasse unerheblich ist; Abstammungsnachweise sind entsprechend unnötig).
Diese Debatte ist die einzige, die mir je vorgekommen ist, bei der das Pochen auf Reinrassigkeit ausnahmsweise einmal zum Vorteil der Hunde gereicht!
4. Austauschbares Sportgerät
Die „Erfindung“ des Alaskan Husky zeigt zudem, wie sehr die Nordischen Hunde zum Sportgerät verkommen. Da wird versucht eine Rasse so zu verändern oder eine neue zu entwickeln, nur damit die Hunde noch schneller rennen!
Doch damit noch nicht genug: Diese traurige Tatsache führt zudem dazu, dass viele Sibirian Huskies – meist gleich als ganzes Gespann – gegen Alaskans ausgetauscht werden. So ungefähr, wie wenn jemand die Automarke wechselt – oder den Ski. Und nun raten Sie einmal, wo dann die sechs bis acht Sibirian Huskies landen? – Natürlich im Tierheim. Und so erklären sich u.a. auch die über hundert eingangs bereits erwähnten Huskies, die dringend ein neues Zuhause suchen!
Natürlich gibt es auch verantwortungsvolle Musher, für die die Hundehaltung eine Passion ist, und die so etwas nie tun würden. Aber die sind wohl eher die Ausnahme. Manchen werden auch ihre Hunde einfach nur zu alt, zu langsam. Sie wechseln ganz nicht unbedingt die Rasse, sie wollen nur den Bestand verjüngen.
Ein weiteres Problem sind die vielen Schlittenhundrennen-Fans, die begeistert in den Sport einsteigen wollen, sich die entsprechenden Hunde anschaffen, dann aber merken, dass das doch nicht das richtige für sie ist, und die Tiere komplett als Gespann wieder abgeben. Erstaunlich groß ist die Anzahl derer, die den Zeit- und Arbeitsaufwand dieses „Hobbys“ massiv unterschätzen und sich schon bald nach etwas anderem umsehen.
Schlittenhunde und Tierschutz - Problem Tierheim & Vermittlung
Und da sitzen sie nun zu Hauf in den Tierheimen, überspringen oder überklettern die höchsten Zäune, drehen fast durch vor lauter Bewegungsdrang, leiden, weil ihnen die feste menschliche Bezugsperson fehlt, werden wieder zurückgebracht, weil sie ihren neuen Menschen doch zu anstrengend sind oder weil sie die Katzen, Kleintiere, Hühner und Ziegen gejagt haben, im schlimmsten Fall sogar erfolgreich.
Also gerade für diese Tiere ist es alles andere als einfach, gute und passende Plätze zu finden, Plätze, bei denen wirklich alles stimmt. Nur so kann eine wirklich befriedigende und erfolgreiche Vermittlungsarbeit aussehen. Doch viele Tierheime, vor allem, die großen überfüllten, sind damit – schon rein zeitlich – überfordert. Und so haben sich – ähnlich wie bei de Jagdhunden und anderen Rassen oder Rassegruppen auch – verschiedene Tierschutzorganisationen gegründet, die sich in ihrer Arbeit speziell auf Nordische Hunde konzentrieren.
Das ist sinnvoll und erfolgreich. Schade ist nur, dass sich, wie so oft im Tierschutz, die verschiedenen Vereine gegenseitig nicht immer „grün“ sind und normalerweise kaum zusammenarbeiten. Dennoch übernehmen sie eine wichtige Aufgabe. Sie führen Listen und Wartelisten über die Polarhundebestände in den Tierschutzvereinen. Hunde, die im Tierheim(zwinger) zu sehr leiden, bringen sie auch kompetenten Pflegestellen unter und kümmern sich um die Vermittlung. Andere Interessenten schicken sie gezielt in die jeweiligen Tierheime. Unter den Interessenten haben sie schon ein wenig vorsortiert und die zukünftigen Hundehalter auf deren Eignung abgeklopft. Da sie als Schlittenhundeexperten ganz besonders wissen, worauf es ankommt, nehmen sie den Tierheimen dadurch viel Arbeit ab und ersparen den Hunden, evtl. doch wieder zurückgebracht zu werden.
Eine Geschichte mit Happy End
In der Türkei und vielleicht auch anderswo gibt es so eine Art Mini-Huskys, ca. cockerspaniel-große Huskys, die angeblich extra dafür gezüchtet worden sind, um interessierten Fans dieser Rasse kleinere Vertreter bieten zu können. Wie auch immer, im privaten Tierheim von Tierschützerin Fatima in der Nähe von Izmir saß solch eine kleine junge Mini-Husky-Hündin. Das war vor gut drei Jahren. Ich entdeckte Fatmas mit über 50 Hunden überfülltes selbst gebasteltes Tierheim, weil ich mich ihr bei einem Türkei-Urlaub als Flugpatin anbot. Im Gegenzug half Fatma mir dann, indem sie eine herrenlose und völlig traumatisierte Hündin aufnahm, die ich in der Nähe unseres Hotels beim Joggen gefunden hatte. Diese Hündin, die wir Layla nannten, konnten wir leider nicht gleich mit nach Hause nehmen, weil die Türkei nicht in der EU ist und daher andere Einreisebestimmungen gelten, die u.a. die Bestätigung einer erfolgreichen Tollwutimpfung durch eine Blutuntersuchung vorschreibt. Und das dauert! Erst wenn der Titer eines Vermittlungskandidaten genügend Antikörper aufweist, gilt er als erfolgreich geimpft und darf mit seinem Impfpass und Mikrochip ausreisen bzw. bei uns in Deutschland einreisen. Das ist ziemlich aufwändig und kostspielig. Und kostet viel Zeit. Als ich Monate später wieder nach Izmir flog, um unsere Layla zu holen, machte ich zwecks Hilfe bei der Vermittlung eine Bestandsaufnahme von Fatmas zauberhaften Hunden.
Als ich einen ängstlichen Rüden namens Robin filmen wollte, damit ihn das Darmstädter Tierheim aufnimmt, denn dort war schon seine Schwester erfolgreich vermittelt worden, klammerte sich seine Mitbewohnerin an mich und wollte einfach nur Aufmerksamkeit und Schmusen. Sie hieß Nadja, sah aus wie ein kleiner Husky und war keine zwei Jahre alt, aber schon fast genauso lange in Fatmas Tierheim. Ein Fall für die Nothilfe für Polarhunde, dachte ich und rief nach meiner Heimkehr Günter Schwartze an, einen großartigen Tierschützer, den ich schon lange kannte und der regelmäßig mit seinem Verein an meinen Tiervermittlungssendungen im Fernsehen teilgenommen hatte. Ihm habe ich diesen Artikel gewidmet.
Es tat ihm sehr leid, sagte er, aber seine Auffangstation, die ich auch selbst gut kannte, sei absolut voll. Für die kleine anhängliche Nadja wäre sowieso eine Pflegestelle besser, antwortete ich, sie brauche Familienanschluss und nette Menschen und sie sei es auch nicht gewöhnt, irgendwo eingesperrt zu sein. Nadjas rührende Geschichte weckte sofort Günter Schwartzes Zuständigkeitsgefühl, und er versprach, sich um die Mini-Husky-Hündin zu kümmern. Eine Flugpatin brachte sie mit nach München. Dort holten sie Mitglieder der Nothilfe für Polarhunde ab und brachten sie bei sehr netten Menschen auf einer Pflegestelle unter.
Ihre Betreuer hatten eine Urlaubsreise nach Österreich geplant und nahmen die kleine Türkin jetzt einfach kurzerhand mit. Sie schickten mir Fotos, die mein Herz aufjauchzen ließen: Nadja unterwegs beim Wandern. Nadja mit ihren neuen Menschen ganz oben auf dem Dachstein. Es klappte auf Anhieb gut mit der klugen Nadja, mit der in ihrem ganzen Leben noch nie ein Mensch auch nur einen Schritt spazieren gegangen war. Vor ihrer Reise nach Deutschland hatte sie nicht einmal eine Leine gekannt. Jetzt machte sie Urlaub in einem Alpenhotel und bestieg Berge, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. In der Türkei hätte sie keine Chance gehabt. Überflüssig zu erwähnen, dass Nadjas Pflegefamilie sie nicht mehr hergab. Happy End für eine kleine Husky-Mischlingshündin. Danke Günter Schwartze. Danke auch der großartigen Nothilfe für Polarhunde Süd.
Günter Schwartze war ein großer Tier- und Artenschützer, der als Protagonist der Nothilfe für Polarhunde Nord e.V. jahrzehntelang unermüdlich nicht nur für herrenlose Nordische Hunde sondern auch für alle möglichen anderen Tiere im Einsatz war – mit Sensibilität, Kompetenz, guten Ideen, Organisationstalent, Fleiß, Herz und Verstand. Sein Tod kurz vor seinem 73. Geburtstag im April 2015 war ein unersetzlicher Verlust.
Man kann nicht alle Hunde dieser Welt retten, aber dafür die ganze Welt eines Hundes!
Nordische Hunde sind durch ihren ausgeprägten Lauf- und Jagdtrieb besonders arbeitsintensiv.
Daher sollte immer gut bedacht werden, ob man diesem Tier eine artgerechte Haltung ermöglichen kann.
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